Ulrich Retzki Berlin Kanzlei für Versicherungsrecht

Kraftfahrt Teilkasko Versicherung

Kein Versicherungsanspruch bei erheblicher Wahrscheinlichkeit für Vortäuschung eines PKW-Diebstahles

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Das OLG Bamberg hat die gefestigte Rechtsprechung bestätigt, dass ein Versicherungsunternehmen aus einer Teilkaskoversicherung bei erheblicher Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung eines Diebstahls nicht zahlen muss, auch wenn – wie in den wohl meisten Fällen – das Verschwinden des Kraftfahrzeuges mit polizeilichen Mitteln nicht aufgeklärt werden kann.

Der Kläger klagte gegen den Versicherer aus einer Teilkaskoversicherung auf eine Entschädigungszahlung von 19.000 Euro wegen des Diebstahls eines Mercedes. Das Auto war Anfang 2008 für 21.0000 Euro gekauft worden, wobei der Verkäufer darauf hinwies, dass am Heck ein instandgesetzter Schaden vorgelegen hatte. Vor der Reparatur hatte ein Sachverständiger die Reparaturkosten für den Heckschaden auf über 20.000 Euro geschätzt. Anfang Juli 2008 ging sowohl bei der Polizei als auch beim Versicherer eine anonyme Anzeige ein. In dieser wurde angegeben, dass der Mercedes zu einem Autoschieber in Berlin gebracht werde, um ihn dann als gestohlen zu melden. 18 Tage später wurde dann in Berlin der Pkw von einem Verwandten des Klägers als gestohlen gemeldet. Bei der Schadensanzeige des Klägers wurden die Fragen nach unreparierten bzw. reparierten Vorschäden vor dem Diebstahlereignis verneint. Auch im Fragebogen der Polizei wurde nicht angegeben, dass das Fahrzeug schon einmal in einen Unfall verwickelt war. Die Ermittlungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft konnten den Diebstahl nicht aufklären. Ermittlungen wegen Vortäuschens eines Kfz-Diebstahls führten zu keinem ausreichenden Ergebnis, so dass das Verfahren eingestellt wurde.

Der Kläger hat vorgetragen, das Auto sei in Berlin gestohlen worden. Die Angaben in der anonymen Anzeige seien unwahr. Möglicherweise sei der Autoverkäufer in das Verschwinden des Fahrzeugs verstrickt, da der ihm einen Unfallwagen zu einem stark überhöhten Preis verkauft habe. Ihm sei der Umfang des Heckschadens am Mercedes erst später zur Kenntnis gelangt.

Der Versicherer meinte, der Kläger habe das Vorliegen eines Diebstahls vollständig zu beweisen, da Zweifel an seiner Redlichkeit vorlägen. Diese Zweifel ergäben sich zum einen aus der anonymen Anzeige, die Insiderwissen offenbart habe. Des Weiteren sei die Versicherung in der Schadensanzeige bewusst mit der Unwahrheit bedient worden, indem die Frage nach reparierten Vorschäden verneint worden sei. Zudem habe es vor dem Verschwinden des Mercedes mit diesem erhebliche technische Probleme gegeben.

Das LG Coburg folgte der Argumentation des Versicherers und wies die Klage ab. Aus Sicht des Gerichts war eine erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung einer Entwendung gegeben. Die Vortäuschung eines Diebstahls war durch einen anonymen Anzeigeerstatter angekündigt worden. Der Anzeigeerstatter hatte Detailkenntnisse und es wurde 18 Tage nach der Anzeige tatsächlich ein Diebstahl gemeldet. Im Rahmen der Beweisaufnahme stellte das Gericht fest, dass die Angabe des Klägers und der von ihm benannten Zeugen, es habe mit dem Mercedes keine nennenswerten Schwierigkeiten gegeben, nicht zutreffend war. Es wurde festgestellt, dass mindestens zwei Werkstattaufenthalte mit umfangreichen Reparaturen wegen Wassereintritts nach dem Erwerb des Autos durch den Kläger erforderlich wurden. Die polizeilichen Ermittlungen hatten ergeben, dass der Mercedes bereits zuvor als "Montagsauto" bekannt geworden war. Auch damals sei aus ungeklärten Gründen Wasser in das Auto eingedrungen. Das Gericht hielt es für unrealistisch, den Verkäufer des Pkw mit dessen Verschwinden in Zusammenhang zu bringen. Wäre dieser der anonyme Hinweisgeber, wie es der Kläger vermutete, hätte er sein Risiko, mit der Tat in Verbindung gebracht zu werden, erhöht. Dies wäre ein nicht nachvollziehbares Verhalten.

Das Gericht zweifelte auch an der Redlichkeit des Klägers, da dieser sowohl im Fragebogen der Polizei als auch der Versicherung unzutreffende Angaben über den reparierten Heckschaden gemacht hatte. Sowohl der Kläger als auch die von ihm benannten Zeugen machten im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen und des Zivilprozesses verschiedene Angaben über die Kenntnis vom Heckschaden. Letztlich versuchten der Kläger und die von ihm benannten Zeugen die Falschangaben damit zu erklären, dass sie die aus Sicht des Gerichts eindeutig formulierten Fragen nicht verstanden hätten. All diese Indizien begründeten beim Landgericht ein solches Maß an Zweifeln, dass es von einer erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung einer Entwendung ausging.

Das OLG Bamberg hat in der Berufungsinstanz das erstinstanzliche Urteil bestätigt.

Das Oberlandesgericht hat darauf hingewiesen, dass eine absolute Gewissheit in einem Zivilprozess in der Regel nicht zu erreichen ist und sich daher der Richter mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen darf. Insgesamt sah das OLG Bamberg eine ausführliche Bewertung aller zur Verfügung stehender Fakten und Beweisergebnisse als erfolgt an und stützte so das vom Landgericht gefundene Ergebnis.

Wichtig: Bei einem Autodiebstahl müssen in den Formularen, neben manch anderen kitzligen Fragen, immer die Fragen nach „unreparierten bzw. reparierten Vorschäden“ beantwortet werden.

Die Fragen müssen wahrheitsgemäß beantwortet werden. Ist man z.B. der zweite oder gar dritte etc. Besitzer, sollte man sich klarmachen, dass man praktisch gar nicht wissen kann, ob ein früherer Besitzer mal einen Vorschaden hat reparieren lassen. Also sollte man sicher kein „Nein“ ankreuzen, denn das kann schlicht falsch sein! Und die Versicherungsunternehmen können feststellen, ob früher einmal Schäden für dieses Auto gemeldet worden sind. Durch ein unbedachtes, falsches „Nein“ bringt man sich in große Schwierigkeiten, weil man sich unglaubwürdig macht.

Soweit man etwas nicht sicher weiß, ist kein „Nein“ anzukreuzen, sondern in klaren Worten mitzuteilen, was man weiß, und was man nicht weiß.

Ulrich Retzki
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Rechtsanwalt