Ulrich Retzki Berlin Kanzlei für Versicherungsrecht

Krankentagegeld­versicherung

Krankentagegeld­versicherung, Fallbeispiel von Rechtsanwalt Ulrich Retzki

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Hier berichte ich über einen selbstständigen Dachdecker, der durch einen Betriebsunfall beruflich ausfiel. Sein Dachdeckerunternehmen führt er in der Rechtsform einer GmbH, deren Geschäftsführer er ist. Er hatte eine Kranken­tagegeld­versicherung, die ihre Leistung jedoch ablehnte. Sie begründete dies damit, er könne den Betrieb umorganisieren und könne selbst vorwiegend im Büro tätig werden.

Der Geschäftsführer wandte sich an mich. Wir beanspruchten vom Versicherer Krankentagegeld, da für den Geschäftsführer in Folge seiner Unfähigkeit, auf dem Dach zu arbeiten, in der Firma keine Tätigkeit verbleibe, die er mit seinen Schmerzen ausüben könne. Außergerichtlich gab es im Ergebnis keine zufrieden stellende Lösung. Wir entschlossen uns sodann zur Klage.

Wesentliche Sachverhaltsumstände waren, dass die Ehefrau des Mandanten, zugleich Mitgesellschafterin. von Anfang an die kaufmännische Tätigkeit in der Unternehmung ausgeübt hat. Sie hat schon immer im Büro am PC gearbeitet, d.h. alles Schriftliche erledigt und das Telefon bedient. Mein Mandant hat, genau wie die Angestellten des Unternehmens, zu „100 % auf dem Dach“ gearbeitet. Er hat stets an der Erbringung der Dachdeckerleistungen des Unternehmens mitgewirkt, hat bei Kunden vor Ort Angebote kalkuliert und dazu die auszuführenden Arbeiten auf dem Dach in Augenschein genommen, hat im Zuge der Erledigung etwaiger Reklamationen die reklamierten Arbeiten auf dem Dach besichtigt und hat auch auf dem Dach die jeweils konkrete Arbeitseinteilung seiner Angestellten und konkrete Arbeitsanweisungen vorgenommen. Im Büro hat der Mandant niemals mitgearbeitet. Als Folge seines Unfalls erlitt er eine fortdauernde Verletzung des Ellenbogengelenks, auf Grund welcher Beeinträchtigung er nicht auf einem Dach arbeiten konnte, was ärztlich und vertrauensärztlich festgestellt wurde.

Der Versicherer bestritt nachdrücklich die vollständige Arbeitsunfähigkeit des Geschäftsführers, weil dieser im kaufmännischen und leitenden Bereich tätig sein könne.

In der Klageschrift legten wir die betrieblichen Verhältnisse detailliert unter Beweisantritten dar. Im Zuge der daraufhin durchgeführten Beweisaufnahme vernahm das Landgericht den Geschäftsführer persönlich als Partei sowie die Ehefrau als Zeugin. Das Gericht erkannte daraufhin, das wir bzw. unser Mandant (Geschäftsführer/ Kläger) plausibel dargelegt und bewiesen hat, dass er in der ihm und seiner Ehefrau gehörenden Dachdeckerunternehmung vor dem Unfall keine Tätigkeiten ausgeübt hat, die nicht die Fähigkeit ein Dach zu besteigen voraussetzen. Der Kläger habe bewiesen, dass seine Frau die kaufmännischen Arbeiten im Büro erledige, die Buchführung mache, Aufträge und Reklamationen von Kunden entgegennehme und Angebote mit Hilfe eines Computerprogramms kalkuliere. Dem gegenüber habe der Kläger, wie er bewiesen habe, stets nur solche Tätigkeiten innerhalb der Firma ausgeführt, die zumindest eine Besteigung des Daches umfassten. Unserer Darlegung folgte das Gericht auch in so fern, als es in einem Dachdecker-Handwerksbetrieb keinen Sinn ergäbe, wenn etwa der Geschäftsführer einen Kunden bloß besuchen könne, ohne sich die zu erledigenden Arbeiten auf dem Dach selbst anschauen zu können und er hierfür vielmehr den Kunden auf den Besuch eines anderen Mitarbeiters vertrösten müsse.

Der Klage wurde voll stattgegeben.

Ulrich Retzki
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Rechtsanwalt